Werne. „Es ist ein Geschenk, dass wir uns heute hier versammeln dürfen – nicht im Zeichen des Termindrucks, sondern zum Grund der Muße, zur zweckfreien Zeit, die der Seele Raum gibt, zur Ruhe zu kommen und die Ohren zu verwöhnen mit schöner Musik.“
Mit diesen Worten eröffnete Pfarrdechant Schäfer am Sonntagabend (28.09.2025) das Konzert der Wuppertaler Kurrende in der St.-Christophorus-Kirche Werne. Und er sollte recht behalten: Was folgte, war ein Abend, der wie ein warmer Lichtstrahl in die Herzen der Zuhörer fiel.
Die Wuppertaler Kurrende, zählt zu den bedeutenden kulturellen Einrichtungen ihrer Stadt. 1924 gegründet, führt sie die Tradition großer sächsischer Knabenchöre fort. Heute umfasst sie rund 140 Mitglieder, die auf dem eigenen Campus umfassend musikalisch ausgebildet werden. Mit bis zu 60 Konzerten im Jahr im In- und Ausland ist der Chor ein Botschafter der Stadt Wuppertal – zuletzt unter anderem in Frankreich, Italien und Liechtenstein.
Bereits das erste Werk des Abends, „Adoramus te, Christe“ von Théodore Dubois, machte deutlich, wie sehr dieser Chor Klangräume zu gestalten weiß. Die jungen Sänger verteilten sich im Kirchenschiff – und plötzlich schien die Kirche selbst zu atmen. Aus allen Richtungen ergoss sich ein fließender Klangstrom, der sich zu einem schimmernden Teppich verwob und das Publikum wie in einem sanften Mantel umhüllte.
Unter der Leitung von Lukas Baumann spannte der Chor einen musikalischen Bogen, der Jahrhunderte umfasste: von der innigen Renaissance-Polyphonie eines Thomas Tallis über die romantische Tiefe von Felix Mendelssohn Bartholdy bis hin zu den leuchtenden Klangfarben der Moderne bei Randall Stroope oder Knut Nystedt. Jeder Stil wurde mit Präzision und Ausdruckskraft getroffen – mal wie ein stilles Gebet, mal wie ein jubelnder Aufschrei voller Lebensfreude.
Besonders eindrücklich erklangen Mendelssohns „Herr, nun lässest du deinen Diener“ – gesungen mit einer Zartheit, die fast den Atem anhielt – und Nystedts „Lobet den Herrn“, das wie ein musikalisches Feuerwerk in der Akustik von St. Christophorus aufblühte. Die Werke von Francis Poulenc („Seigneur, je vous en prie“) und Max Rädlinger („Lobe, meine Seele, den Herrn“) erklangen ohne die ganz jungen Stimmen und gewannen so an Tiefe, Geschlossenheit und Reife.
Ein weiterer Glanzpunkt waren die Orgelwerke, die Stefan Starnberger mit meisterlicher Virtuosität interpretierte. Mal rauschend wie eine Woge, mal fein ziseliert wie Glasmalerei, ergänzte die Orgel den Chor zu einem farbenprächtigen Gesamtkunstwerk.
Das Publikum ließ sich willig tragen, lauschte gebannt und spendete am Ende stürmischen Applaus. In den Gesichtern spiegelte sich Dankbarkeit – für eine Stunde, in der die Zeit stillzustehen schien und die Musik wie ein himmlischer Atem den Raum erfüllte.
So wurde Pfarrdechant Schäfers Eröffnung zur Wirklichkeit: Dieses Konzert war ein Stück Muße – ein Geschenk an die Seele, das lange nachklingen wird.
INFO
Das nächste Konzert der Musica Sacra Westfalica findet am 12. Oktober 2025 um 17 Uhr in St. Christophorus statt. Ralf Borghoff improvisiert an der Orgel über Marianische Themen „ohne Noten- aber mit Stil“.