Werne. Dass die Bürger von Werne seit fast 400 Jahren eine Dankprozession abhalten, weil ihre Stadt im Dreißigjährigen Krieg verschont wurde, ist nicht selbstverständlich. „Bittprozessionen werden sehr viel häufiger abgehalten“, sagte Weihbischof Stefan Zekorn in seiner Predigt, die er nach dem Festgottesdienst und der Prozession auf dem Kirchplatz von St. Christophorus hielt. „Dabei“, so der Bischof, „tut danken gut, nicht nur dem, dem gedankt wird, sondern auch jenem, der dankt.“
Die Traditionsveranstaltung konnte am Sonntag (26.06.2022) zum ersten Mal seit zwei Jahren wieder in üblicher Weise stattfinden – mit einer Festmesse in Wernes ältester Pfarrkirche und der anschließenden Prozession über Magdalenenstraße, Steinstraße und Kirchplatz.
Vertreter aus Politik und Verwaltung, Schützenvereinen, Kolpingfamilie, KAB und anderer kirchlicher Gruppen sowie Privatleute schlossen sich an. Im Mittelpunkt der Menschenreihe trug Weihbischof Zekorn das Allerheiligste in einer Monstranz. Nach Grußworten und Predigt auf dem Kirchplatz folgte der zweite Teil der Prozession über die Bonenstraße und den Roggenmarkt. Dank solider Wetterlage gelangten alle Beteiligten trockenen Fußes zum Schlusssegen in die Kirche.
„Coronabedingt mussten wir unser Gelübde in den vergangenen zwei Jahren symbolisch in der Freilichtbühne erfüllen“, erinnerte Bürgermeister Lothar Christ in seinem Grußwort. Das Stadtoberhaupt, das den besonderen Anlass auch mit dem Tragen seiner Amtskette würdigte, ließ anschließend die historische Situation Wernes im Dreißigjährigen Krieg aufleben: „In unserer Stadt gab es zu jener Zeit wichtige Bauten und Rechte wie die Christophoruskirche, das Rathaus, eine Stadtmauer mit Türmen und regional bekannte Märket wie den zu Simon und Judas.“
1622 drohte die bis dahin unbehelligte Lippestadt, ins Kriegsgeschehen einbezogen zu werden. Denn in der Nähe lagerte der Herzog von Braunschweig, genannt „Der tolle Christian“, mit seinen Truppen. Er hatte bereits mehrere Städte in der Region verwüstet. Werne blieb jedoch verschont. „Ob der Herzog, wie die Sage behauptet, die Stadt im Nebel nicht gefunden hat oder Reiter aus Olfen, die sich in Werne aufhielten, ihn abschreckten – wir wissen es nicht“, konstatierte Christ. In jedem Fall nahmen die Bürger den glücklichen Ausgang zum Anlass, am 13. Mai 1623 beim Propst von Cappenberg die Genehmigung für eine Dankprozession zu erwirken.
„Und es gibt gute Gründe, dieses Gelübde bis heute zu erfüllen“, betonte Lothar Christ. „Denn Frieden ist nach wie vor keine Selbstverständlichkeit. In vielen Ländern der Welt sind die Menschen von Krieg, Hunger und Not bedroht. Vor allem der unsägliche Krieg in der Ukraine führt uns überdeutlich vor Augen, die zerbrechlich der Friede ist.“ Eindringlich beschrieb der Bürgermeister, wie Russlands Präsident Putin Völkerrecht breche, Kinder töten und Frauen vergewaltigen ließe. Darüber hinaus opfere er das Leben junger Männer seines eigenen Landes. „Wir müssen uns – und dafür ist das heute ein besonders geeigneter Tag – bewusst machen, wie glücklich wir sein können, in Frieden und Freiheit zu leben“, mahnte Christ und dankte allen Beteiligten für die Gestaltung und die Teilnahme an Wernes Friedensprozession.
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