Werne. 1962 erbaut, verabschiedet sich die Gemeinde mit einem großen Erntedankfest am 23. September 2023 nach über 60 Jahren von der Kirche St. Johannes. Danach wird das Gotteshaus geschlossen, gut eine Woche später folgt die Profanierung (Entweihung des sakralen Raums) und schließlich dann der Abriss.
„Es gibt sicherlich angenehmere Termine als Pfarrer“, leitete Dechant Jürgen Schäfer seine Situationsbeschreibung ein. Zu den erheblichen baulichen Mängeln käme nun auch noch ein „wirtschaftlicher Totalschaden“ (Küster Marco Hüsing) der Heizung im Gotteshaus. „Wir müssen jetzt darüber nachdenken, wann wir die Kirche St. Johannes aufgeben.“
Als Zeitpunkt schlug Marianne Schäper-Mürmann, Vorsitzende des Pfarreirates, auch den 23. September 2023 (Erntedankfest) vor, mit dem sich die Mehrheit der 55 Anwesenden anfreunden konnte. Die Anregung, Gemeindefest und Profanierung zeitlich um eine Woche zu trennen, fand ebenfalls große Zustimmung.
„Die Situation ist belastend und das Thema mit Emotionen belegt“, sagte Marianne Schäper-Mürmann zu Beginn und eröffnete damit eine fast 90-minütige Diskussion. Ein Gemeindemitglied übte Kritik an Bischof Genn („Er reißt die Kirchen ab“) und wertete die Aufgabe der Kirche als falsches Signal: „Es ist ein Zeichen, dass sich die katholische Kirche auf dem Rückzug befindet.“
Aber das sei man doch auch, bilanzierte Pfarrdechant Jürgen Schäfer, der seine These mit Zahlen unterfütterte. So sei die katholische Gemeinde in Werne von 16.800 auf 13.158 Mitgliedern in den vergangenen zehn Jahren geschrumpft. „Im Jahr 2022 hatten wir 208 Kirchenaustritte und 210 Beerdigungen, aber nur 102 Taufen. Wir verlieren also jedes Jahr mindestens 250 Gläubige“, rechnete der Geistliche vor. Und weiter: „Wir haben 5.000 Quadratmeter Kirchenflächen für 200 bis 300 Gottesdienstbesucher. Diese Größe geht einfach nicht mehr. Spätestens 2025 wird das Bistum Münster den gleichen Kurs einschlagen wie Essen und Kirchen schließen.“ Zu den Gottesdiensten in der Johannes-Kirche kämen am Wochenende nur 30 bis 35 Menschen, werktags lediglich drei bis sechs. Nur noch drei Messdiener stünden zur Verfügung.
„Das kirchliche Leben kommt auf die Menschen an, nicht auf das Gebäude. Schweren Herzens müssen wir sagen, dass die Kirche geschlossen werden muss.“
Marlies Hüsemann, Organistin und Leiterin des Kinder- und Jugendchores.
Langanhaltenden Applaus gab es für Schäfers Ankündigung, dass das Pfarrheim St. Johannes erhalten bleibt. „Wir werden uns als Kirche hier nicht zurückziehen, aber das Gebäude ist dran.“ Die Hoffnung einiger Gemeindemitglieder, zumindest den Kirchturm zu erhalten oder die alte Kirche gar unter Denkmalschutz zu stellen statt abzureißen, wurde enttäuscht. Jürgen Schäfer dazu: „Die Aussagen der Behörden ist amtlich: Die Kirche wird kein Denkmal.“ Er wehrte sich auch gegen den Vorwurf, dass die Fläche bereits überplant sei. „Es gibt keinen Bebauungsplan, so eine Entscheidung samt Umsetzung dauert Jahre und braucht auch erst Beschlüsse durch den Kirchenvorstand.“
Bei der für viele ältere Gemeindemitglieder schmerzhaften Diskussion drehte es sich viel um Erinnerungen. Angemahnt wurde aber auch, die neuen Realitäten zu akzeptieren und den Blick in die Zukunft zu richten. Kirche sei überall, in Kitas, Schulen und Seniorenheimen, so Marianne Schäper-Mürmann. „Das kirchliche Leben kommt auf die Menschen an, nicht auf das Gebäude. Schweren Herzens müssen wir sagen, dass die Kirche geschlossen werden muss“, fasste Marlies Hüsemann, Organistin und Leiterin des Kinder- und Jugendchores, zusammen. Denn im Pfarrheim seien die Gruppen, wie die Hausaufgabenhilfe und Chöre, weiter aktiv. Jürgen Schäfer versprach, sich unter anderem auch für den Erhalt der Orgel einzusetzen.
Am Samstag, 23. September 2023, feiert die Gemeinde noch einmal mit einem großen Fest zu Erntedank ihre geliebte Kirche, ehe die Schritte zur Schließung und zum späteren Abriss des Gotteshauses eingeleitet werden.