Werne. Was kann man tun, um schon bei der Planung von Neubaugebieten den Folgen des Klimawandels zu begegnen? In einem am 30. Januar 2024 mit knapper Mehrheit beschlossenen Festsetzungskatalog hatte die Stadtverwaltung Maßnahmen gelistet, mit denen in künftigen Bebauungsplänen Klimaschutz und Klimaanpassungen (Hitze, Starkregen, Erneuerbare Energien) gefördert werden sollen.
Dazu zählen etwa die Einschränkung von Flächenversiegelung, Baumpflanzungen, Dach- und Fassadenbegrünung, Fassadengestaltung oder die Nutzung von Solarenergie.
Weil diese lokalen Festsetzungen zum Teil sogar schärfer ausfielen, als jene im Bundes- und Landesrecht, legten die Fraktionen von CDU und FDP das Thema im Ausschuss für Stadtentwicklung, Planung und Wirtschaftsförderung (16. April 2024) auf Wiedervorlage: „Klimaschutz und bezahlbares Wohnen – Neufassung klimabezogener Festsetzungen“, so der Titel ihres gemeinsamen Antrags, der den Weg zurück zu den Vorgaben von Land und Bund forderte. In Zeiten ohnehin stark gestiegener Baukosten verteure dies die finanziellen Belastungen besonders für junge Familien, die Wohneigentum schaffen möchten, lautete die Argumentation dahinter.
CDU und FDP gegen hohe Baukosten durch „spezielles Baurecht für Werne“
Auch ohne Abweichungen von den Klimaschutzstandards des Bundes- und Landesrechts leiste Werne im Sinne der Generationsgerechtigkeit einen Beitrag zur Nachhaltigkeit, zeigten sich die Fraktionen überzeugt. Zudem würden durch die Abkehr von einem „speziellen Baurecht für Werne“ Kapazitäten in der Verwaltung gespart und Verfahren vereinfacht, begründeten sie den Antrag.
Gerade bei der Realisierung einer Photovoltaik-Anlage auf Neubauten fielen Kosten von 20.000 bis 30.000 Euro stark ins Gewicht, hieß es in der Begründung. Das Einräumen eines „Zeitfaktors“ ermögliche es den Bauwilligen hingegen, eine verpflichtende PV-Anlage oder Dachbegrünung erst etwas später nachzurüsten. Dies stelle dann sicher, dass der Traum vom Eigenheim für junge Familien nicht an notwendigen Klimaschutzmaßnahmen scheitern müsse.
Klimaschutzfestlegungen gebe es schon seit Jahren, wies Dezernent Ralf Bülte auf die gängige Praxis in der Stadt Werne hin, das solche Maßnahmen schon Eingang in die Bebauungspläne von Schlägelstraße, Baaken oder Bellingholz gefunden hätten.
Klimaschonende Vorgaben mit Signalwirkung
Letztlich müsse doch die Politik jedem Bebauungsplan zustimmen, ordnete in diesem Sinne Klimaschutzmanager Dr. Tobias Gehrke ein. In begründeten Fällen könne man auch von Vorgaben abgehen. Andererseits gehe von den Festsetzungen eine Signalwirkung aus, argumentierte er.
Klimaschutzmaßnahmen beim Hausbau zu realisieren, müsse auch nicht zwangsläufig teurer sein. Die Wahl einer hellen Fassadenfarbe etwa leistete Schutz gegen Hitze, auch ohne Aufpreis. nannte er ein Beispiel. Außerdem komme die Pflicht zur PV-Anlage auf dem Dach spätestens 2025 mit der neuen Landesbauordnung sowieso.
Für die Liberalen Artur Reichert und Benedikt Lange war dieser Hinweis Grund genug, einzuhaken. Sie forderten eindringlich, zumindest innerhalb dieses Zeitpuffers einen Verzicht auf die Pflicht zur PV-Anlage und den damit verbundenen finanziellen Aufwandes. Unterstützung kam aus der CDU. Viele Familien aus Werne seien wegen hoher Baukosten schon in die Umgebung abwandert, sagte Uta Leisentritt.
Unterschiedliche Meinungen zu hohen Baukosten habe es auch innerhalb der SPD gegeben, berichtete Ulrich Höltmann. Gleichwohl legten die Genossen ihre Priorität auf den Klimaschutz. Eine andere Kostenrechnung als CDU und FDP machte Klaus Schlüter (Bündnis´90/ Die Grünen) auf. Er stellte dem Kostenaufwand für eine Solaranlage deren Nutzen für das Klima gegenüber. Verglichen damit seien das „Peanuts“, zumal sich die PV-Anlagen letztlich amortisierten, meinte er.
Zum Abschluss der emotional geführten Debatte wurde der Antrag von CDU und FDP äußerst knapp mit 9:10 Stimmen abgelehnt und der Festsetzungskatalog zum Klimaschutz bestätigt.