Dienstag, Juni 24, 2025

Knappe Mehrheit – Rat für Steuererhöhung erst ab 2026

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Werne. Verschoben, aber nicht aufgehoben, hat der Rat der Stadt Werne die geplanten Steuererhöhungen für die Grundsteuer B und die Gewerbesteuer. Im Zeichen des 14 Millionen Euro schweren Defizits hatte die Verwaltung zunächst für den Haushaltsbeschluss 2024 die Anpassung der Hebesätze dem Rat zum Beschluss vorgeschlagen.

Mit einem gemeinsamen Änderungsantrag zur Ratssitzung am Mittwoch, 20. März 2023, sorgten die Fraktionen von SPD, Bündnis´90/ Die Grünen, UWW und Linksfraktion für eine Wende. Sie beantragten, die Steuererhöhung in die mittelfristige Finanzplanung ab 2026 zu verlegen, und setzten sich in der Abstimmung inklusive der Stimme des Bürgermeisters mit 24 zu 20 Stimmen gegen die Stimmen von CDU und FDP durch.

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Vorausgegangen waren in der Sitzung zunächst die Haushaltsreden der Fraktionen. Der von den Fraktionschefs Lars Hübchen (SPD), Benedikt Striepens (Grüne), Dr. Thomas Gremme (UWW) und Andreas Schütte (Linksfraktion) unterzeichnete Änderungsantrag kam kurzfristig auf die Tagesordnung. Grund genug für CDU und FDP, eine Sitzungsunterbrechung zu beantragen, um sich zu fraktionsintern zu beraten. Im Ergebnis blieben die Vorsitzenden Uta Leisentritt (CDU) und Claudia Lange (FDP) für ihre Fraktionen bei ihrem eindeutigen Nein.

Verschiebung an Maßnahmen zur Konsolidierung geknüpft

Die Verschiebung der Steuererhöhungen hatten die vier Fraktionen, die von Leisentritt fortan als „linke Koalition“ betitelt wurden, an Bedingungen geknüpft und beantragt, die Verwaltung zu beauftragen, zeitnah die Entscheidungsgrundlage für weitere Konsolidierungsmaßnahmen zusammenzustellen, mit denen Einsparungen im Haushalt 2024 erzielt sowie strukturelle Konsolidierungspotenziale in den Folgejahren gehoben werden könnten.

Ziel müsse es sein, „trotz der schwierigen finanziellen Rahmenbedingungen einen Nothaushalt zu vermeiden und die Handlungsfähigkeit für die Stadt Werne zu erhalten. Steuererhöhungen stellen dabei nur ein letztes Mittel dar. Nach derzeitigem Stand sei zur Vermeidung einer verpflichtenden Haushaltssicherung eine Erhöhung von Grund- und Gewerbesteuern nicht vor dem Jahr 2026 erforderlich“, lautete die Begründung.

Bis dahin seien Anstrengungen zu unternehmen, um weiteres Konsolidierungspotenzial zu heben, beschlossene Projekte zu priorisieren und die Belastungen durch Steuererhöhungen im Jahr 2026 so gering wie möglich zu halten. Nicht zielführend seien Schnellschüsse wie etwa das pauschale Zusammenstreichen von Ansätzen. Investitionsprojekte sollten stattdessen auf ihr Sparpotenzial und dessen Folgewirkungen überprüft werden.

„Wir lehnen den Vorschlag des linken Lagers ab“, positionierte sich Uta Leisentritt. Man mache sich hier einen „extrem schlanken Fuß“ und habe lange Zeit gehabt, Einsparungen vorzunehmen, hieß es sinngemäß. Claudia Lange sah es wie ihre Vorrednerin und kritisierte, das Sparvorschläge der FDP in den vergangenen Jahren immer wieder in den Schubladen der Verwaltung verschwunden seien.

Dirk Pohl (SPD) erinnerte bei „allem Verständnis für das bürgerliche Lager“ daran, dass man die Brücke für die Wiehagenschule mit Blick auf die Haushaltslage zurückgenommen habe. Lars Hübchen verwies auf die geforderten Hausaufgaben zur Konsolidierung des Haushalts in diesem Jahr. „Das ist kein Verschiebebahnhof“, betonte er. Artur Reichert (FDP) hingegen befürchtete neue Schulden und kritisierte die geplante Besetzung von 19 zusätzlichen Stellen in der Verwaltung.

Haushaltsreden: Bürgermeister wehrt sich gegen Vorwürfe der CDU und FDP

In den zuvor vorgetragenen Haushaltsreden wurde klar, dass es zu keinem Konsens kommen würde. CDU und FDP machten dem Bürgermeister Vorwürfe, „das Geld zum Fenster herauszuschmeißen“ (Uta Leisentritt) oder dass sich in den vergangenen 15 Jahren ein Schuldenberg aufgetürmt habe (Claudia Lange) – und das trotz mehrmaliger Aufforderung zum Sparen.

Lothar Christ wehrte sich, sprach von „besonderen Zeiten für die Kommunen“ und dass die „Krisen nicht hausgemacht“ seinen. Mit der „Rasenmäher-Methode“ würden wichtige Vorhaben zunichte gemacht. Dabei nannte er das Beispiel Wiehagenschule und erteilte den Forderungen der CDU, das alte Wienbrede-Gebäude zu reaktivieren, eine klare Absage: „Eine Zwei-Standorte-Lösung – das ist die denkbar schlechteste Variante. Wollen Sie das der Schulgemeinde zumuten und diese auseinander reißen?“ Und dann benutzte er den Slogan der Christdemokraten für eine Spitze gegen die CDU: „Wenn ein lebens- und liebenswertes Werne erhalten bleiben soll, dann muss alles mit Augenmaß auf den Prüfstand. Keine Frage. Aber Streichpolitik wird uns nicht retten.“

Danach kündigte er an, sich bei einer Abstimmung dem Antrag der SPD, Grünen, UWW und Linksfraktion anzuschließen und damit vom eigenen Verwaltungsvorschlag, der bereits Steuererhöhungen in diesem Jahr vorsah, abzuweichen.

Uta Leisentritt (CDU) bekräftigte, dass das „Vertrauen in den Bürgermeister stark zusammen geschrumpft sei“. Und weiter: „Er hat keine Visionen, hat die Innenstadt längst aufgegeben und will das Gewerbe aus der Stadt treiben.“ Der Bürgermeister sei am Zug, Einsparmöglichkeiten aufzuzeigen. Sie forderte die Ratsmitglieder und die Bevölkerung auf: „Lassen Sie sich die Steuererhöhungen nicht gefallen!“

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Lars Hübchen nahm Bezug auf den gemeinsam mit Grünen, UWW und Linksfraktion erarbeiteten Vorschlag: „Wir übernehmen Verantwortung, wollen eine Konsolidierung  mit Außenmaß und eine möglichst geringe Steuerbelastung. Von der CDU kommen nur Schuldzuweisungen, sie übernimmt keine Verantwortung.“

Grünen-Fraktionssprecher Benedikt Striepens: „Wie retten wir den Tag? Lassen wir den Etat gegen die Wand laufen oder folgen wir dem Vorschlag der Verwaltung? Unser Antrag ist nicht das ‚goldene Ei‘, aber die einzige Möglichkeit, handlungsfähig zu bleiben. Wir haben auch eine Reihe von Kritikpunkten, unter anderem dass uns die Problemlage erst sehr langsam dargelegt wurde. Ich erinnere auch an die defizitären ‚Schattenhaushalt‘ der Pandemie und des Ukraine-Krieges. Ja, die Ablehnung des Haushalts ist publikumswirksam und gut für den Wahlkampf.“ Dann wandte er sich an die CDU, die seiner Ansicht nach als größte Fraktion im Rat hätte Verantwortung übernehmen und einen eigenen Antrag unterbreiten müssen.

Claudia Lange (FDP) sah in dem Antrag nur eine „Willensbekundung und Betrug am Bürger“. Die Liberalen stimmen dem Haushalt nur zustimmen, wenn er Einsparungen enthalten würde. „Diese finden wir nicht, also lehnen wir ihn ab“, so die FDP-Fraktionschefin.

Dr. Thomas Gremme (UWW) betonte die Notwendigkeit, handlungsfähig zu bleiben und forderte „drastische Sparmaßnahmen“. Andreas Schütte (Linksfraktion) appellierte: „Es ist nicht die Zeit für Populismus. Wir müssen kühlen Kopf bewahren und wollen die weiteren Prozesse konstruktiv begleiten. Auch unpopuläre Maßnahmen müssen auf den Tisch und diskutiert werden.“

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