Mittwoch, Dezember 17, 2025

Personalmangel in Kitas – Wandel zur „Verwahranstalt“ befürchtet

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Werne. „Die neue Kita Personalverordnung hat ja ganz schön was ins Rollen gebracht, auch hier hier in Werne“, schreibt eine Leserin, Mutter eines Kita-Kindes, an WERNEplus (Name ist der Redaktion bekannt).

Sie spricht damit den herrschenden Fachkräftemangel beim pädagogischem Personal an. Im Spannungsfeld zwischen knappen personellen Ressourcen, Urlaubszeiten und Fehltagen wegen Krankheiten falle es den Erzieher/innen oftmals schwer, den Betrieb aufrecht zu halten, hieß es dazu im Gespräch mit WERNEplus.

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Hintergrund ist die Personalverordnung des NRW Ministeriums für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration, die am 6. Dezember 2024 in Kraft getreten ist. Neu daran war die Flexibilisierung der Ausnahmeregel, die neben dem Einsatz pädagogischer Fachkräfte auch den von Ergänzungskräften möglich macht. Statt wie zuvor nur Fachpersonal, können somit auch Personen eingesetzt werden, „die über eine grundsätzliche Ausbildung verfügen und individuell geeignet sind“. Geprüft werde deren Einsatz nach Einzelfallprüfung.

Gemeint sind Berufsgruppen wie unter anderem Grundschullehrer/innen (Masterabschluss) und Personen mit abgeschlossenem Studium in den Fächern Logopädie, Motopädie, Physiotherapie, Ergotherapie, Theater-, Musik-, Religions-, Sport-, Kunst und Medienpädagogik sowie Psychologie und Bildungswissenschaft.

In ihrem Vorwort zur Personalverordnung schreibt Ministerin Josefine Paul: „Frühkindliche Bildung lebt von Vielfalt – sei es in der fachlichen Expertise, den persönlichen Hintergründen oder den Perspektiven der beteiligte Fachkräfte.“ Die neue Verordnung sei nun übersichtlicher und damit in der Praxis handhabbarer gestaltet. Sie berücksichtige auch „dass immer mehr Menschen mit ausländischen Hintergründen in Kitas arbeiten und schafft hierfür verbindlichen Regelungen“.

Weiter skizziert die Ministerin die Situation: „Der Personalmangel setzt Kinder, Eltern und ganz besonders auch die pädagogischen Kräfte selbst unter großen Druck. Die Aufrechterhaltung der frühkindlichen Bildung und der Anspruch Kindern und Eltern ein verlässliches Betreuungsangebot machen zu können, stehen dabei auch in den nächsten Jahren noch in einem oft unauflöslichen Spannungsverhältnis.“ Gleichwohl werde man weiterhin konsequent an der Gewinnung neuer Fachkräfte sowie der Unterstützung und Entlastung der Bestandskräfte arbeiten, so die Ministerin.

Notgruppenzustand – mehr als nur eine Ausnahme?

„In unserer Kita ist seit August diesen Jahres bereits immer mal wieder ein Notgruppenzustand eingetreten, zusammengerechnet bestimmt schon drei bis vier Wochen, schildert unsere Leserin die Anfangsphase des Kindergartenjahrs von August bis Anfang November. So sei eine Eingewöhnung der neuen Kinder fast unmöglich, da es immer wieder Ausfälle gebe.

„Wir, die Elternschaft möchten, dass unsere Verwaltung und besonders auch die Kita-Träger darüber informiert werden, dass Eltern und Großeltern nicht alles auffangen können und möchten. Unsere Kinder haben das Recht eine Kita zu besuchen, um bestens auf die Schule vorbereitet zu sein, dies ist das originäre Ziel.“

In der Elternschaft mehren sich demnach die Sorgen, dass sich – etwa Zeiten mit hohem Krankenständen – das Verhältnis von Fachkräften hin zu Ergänzungskräften verschieben könnte. Der Weg von der Bildungseinrichtung hin zur Verwahranstalt sei so vorgezeichnet, lautet die Befürchtung. „Eltern und Großeltern zerreißen sich förmlich, um die Kinder/Enkelkinder zu betreuen und dafür werden auch noch die hohen Gebühren (Elternbeiträge) gezahlt, Geldbeutel leer, Urlaubstage weg und doch am Ende das Kind zuhause“, schildert die Leserin das Dilemma.

ver.di-Kritik an Gesetzentwurf zur KiBiz-Reform: „Tief enttäuscht“

Auch auf Gewerkschaftsebene sieht man hohe Belastungen für das Kita-Personal und fürchtet um die Qualität der frühkindlichen Bildung. So reagierte die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di NRW) am Montag, 15. Dezember 2025, auf den jüngsten Gesetzentwurf der NRW-Landesregierung zur Reform des Kinderbildungsgesetzes (KiBiz).

„Bereits mit der Personalverordnung 2024 wurden neue Einsatzmöglichkeiten für fachfremdes Personal geschaffen. Die KiBiz-Reform setzt diesen Kurs fort. Die Reform verspricht mehr Verlässlichkeit und Stabilität – tatsächlich aber erfolgt das auf Kosten der Beschäftigten und der pädagogischen Qualität“, erklärte dazu Frank Bethke, stellvertretender Landesbezirksleiter von ver.di NRW, und zeigt sich „tief enttäuscht“.

Schwächung der pädagogischen Standards

Die geplante Reform verschärfe zentrale Probleme in den Kindertageseinrichtungen und schwäche den pädagogischen Standard weiter ab. Besonders kritisch bewerte ver.di die geplante Einführung von Kern- und Randzeiten, heißt es weiter. Träger könnten künftig selbst entscheiden, in welchem Umfang diese angeboten werden.

In Kernzeiten sollen pädagogische Angebote gemacht werden, während in Randzeiten auch nicht ausgebildetes Personal eingesetzt werden darf. „Damit wird die Kita zur reinen Verwahranstalt umgebaut“, so Bethke. „Die Professionalität der Erzieherinnen und Kinderpfleger wird systematisch entwertet. Wenn Kern- und Randzeiten auf freiwilliger Basis eingeführt werden, gehen Verlässlichkeit und Stabilität verloren.“

Statt die Gruppengrößen zu verkleinern, ermögliche die Reform künftig eine Ausweitung um bis zu vier zusätzliche Kinder pro Gruppe, so der Gewerkschafter. Dies bedeute nicht nur mehr Belastung in der täglichen Betreuung, sondern auch zusätzlichen Aufwand in Dokumentation und Elternarbeit.

„Qualifizierte Betreuung und frühkindliche Bildung erfordern fundiertes Fachwissen“, betont Bethke. „Die Absenkung der Qualitätsstandards ist keine Lösung für den Fachkräftemangel. Im Gegenteil: Sie verschärft ihn“, appelliert er eindringlich an die Landesregierung, den Entwurf nachzubessern. „Die Kita-Beschäftigten verdienen Unterstützung – nicht zusätzliche Belastungen.“

Verwendete Quellen: Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Geleichstellung, Flucht und Integration des LAndes Nordrhein-Westfalen: Personalverordnung 2024.

ver.di NRW, Presseinfo 9.12.205: KiBiz-Reform bleibt hinter dringenden Bedürfnissen der Kitas zurück und belastet Beschäftigte weiter.

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