Werne. Für die einen ist sie das schönste Instrument überhaupt, für die anderen ein Klangkörper, mit dem sie wenig anfangen können: die Orgel. Dr. Hans-Joachim Wensing, Kirchenmusiker und Kantor von St. Christophorus in Werne, gehört eindeutig zur ersten Fraktion.
Am Sonntag, 24. März, gibt er für die Stiftung Musica Sacra Westfalica ein Orgelkonzert zu Passionschorälen in der historischen Pfarrkirche. Und erklärt vorab, was das mächtige Instrument so besonders macht. In der Christophorus-Kirche steht eine Orgel der Firma Seifert aus Kevelaer aus dem Jahr 1918. „Sie ist eine Schönheit auf den zweiten Blick“, räumt Wensing ein, als er eine Holztür vor dem Eingang zur Orgelempore öffnet.
Dahinter liegt ein Raum mit einem engen Durchgang. Links und rechts ragen Orgelpfeifen in unterschiedlicher Höhe und aus verschiedenen Materialien in die Höhe. „Auf der anderen Seite haben wir noch einmal dasselbe Bild“, sagt Wensing. Die Seifert-Orgel ist wegen des hohen Westfensters der Kirche zweigeteilt: ein Orgelwerk auf jeder Seite der Empore. Ihre hölzernen Verkleidungen sind eher schlicht gehalten, mit ein paar neugotischen Verzierungen hier und da. Ganz anders, als es Kirchenbesucher von Renaissance- oder Barockorgeln kennen.
„In diesen Jahrhunderten galt die Orgel als Kunstgegenstand im Raum und die Schauseiten wurden entsprechend aufwändig gestaltet“, erklärt Wensing. Musik macht die Orgel „mittels Pfeifen, durch die Luft strömt“, sagt Wensing. Die Luft nennen Orgelbauer „Wind“. Dieser wird durch eine elektrische Windmaschine erzeugt und durch die Windlade auf die Pfeifen verteilt. „Diese Windlade muss man sich wie eine XXXXL-Zigarrenkiste vorstellen, auf der die Pfeifen stehen“, führt Wensing aus. Insgesamt sind es 4.500.

Die entsprechenden Ventile öffnen und schließen sich auf Tastendruck auf der Klaviatur. Die sieht so aus, wie man sie vom Piano her kennt. Nur das die Seifert-Orgel über drei Klaviaturen nebst einer Pedalklaviatur für die Füße verfügt. Wer eine Taste auf dem Klavier anschlägt, hört einen Ton in einer Klangfarbe. Die Orgel muss man sich dagegen wie ein Orchester vorstellen: Einem Ton auf einer Taste kann der Spielende mehrere Register zuweisen. Ein Tastendruck kann also gleichzeitig den Klang einer Geige, einer Oboe, einer Flöte und mehr mitschwingen lassen. „Damit lässt sich schon eine ganze Menge heiliger Lärm machen“, kommentiert Wensing. „Daher muss ich als Organist auswählen, ob ich alle Register oder nur wenige oder nur eines ziehen will.“ Ziehe er den Registerknopf mit dem Aufdruck „Trompete“, sei ein kerniger Klang zu hören, beim Register namens „Aeoline“ ein zartes Flirren. Bei 56 Registern bietet die Seifert-Orgel eine Fülle von Wahlmöglichkeiten für das Konzert am 24. März. Das ist genau zu Beginn der Passionswoche.

Für das Programm hat Hans-Joachim Wensing daher Passionschoräle aus mehreren Epochen ausgesucht. Es beginnt mit Bach: „O Mensch bewein dein Sünde groß“ und „Erbarm dich mein, oh Herre Gott“. Diese barocken Choräle „werde ich etwas schlanker, leichter anlegen als zum Beispiel den Brahms“, kündigt Wensing an. Von Brahms stehe der Choral „Herzliebster Jesu“ auf dem Programm und damit eine Gelegenheit, „sich im satten Sound zu aalen“. Mit Denis Bédard hat sich der Kantor einen zeitgenössischen Komponisten ausgesucht. Dessen Partita (Variation) über „O Haupt voll Blut und Wunden“ beschreibt Wensing als „gemäßigt modern“. Der romantische Komponist Moritz Brosig und seine Stücke „Aus tiefer Not schrei ich zu dir“ und „O Traurigkeit, o Herzeleid“ sind auf die Klangfülle der Seifert-Orgel perfekt zugeschnitten.

Den Abschluss bilden zwei Improvisationen von Wensing über zwei Lieder aus dem Gotteslob. „Beim letzten Abendmahle“ nimmt er Variationen in barocker Manier zum Vorbild; „Singt dem König Freudenpsalmen“ wirft den Blick auf Ostern in fünf romantisch-symphonischen Sätzen voraus. Das Konzert beginnt um 17 Uhr.
Der Eintritt ist frei, die Stiftung Musica Sacra Westfalica bittet um eine Spende für ihr kirchenmusikalisches Engagement.