Sonntag, August 17, 2025

Premiere von „Spamalot“: Zwischen Knalleffekt und Killerkaninchen

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Werne. Es hörte sich alles so einfach an für König Artus: Ritter um sich scharren, Gral suchen, nach Hause finden. Doch es brauchte einen Knalleffekt, ein Killerkaninchen und eine Kokosnuss, bis sich die Zuschauer in der Freilichtbühne Werne von ihren Plätzen erhoben und weit hörbar eine Zugabe heraus klatschten.

Als sich die Menge dann schließlich auflöste, ging sicher dem einen oder der anderen ein „Tadam, tadamtadamtadam“ im Kopf herum: Der erfrischend sinnfreie Refrain des Songs „Nimm das Leben beschwingt, hab einfach Spaß“ (Always look on the bright Side of Life).

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Zwischen diesen Koordinaten bewegte sich die zweite Saisonpremiere der Freilichtbühne: beschwingte Musik, sinnbefreite Komik und jede Menge Spaß. Den hatte die Zuschauer im ausverkauften Bühnenrund ebenso wie die Darsteller bei Monty Python’s „Spamalot“.Das Publikum übernahm wie selbstverständlich den gepfiffenen Part von „Nimm das Leben beschwingt“ und schwenkte aufmunternde Handytaschenlampen, wenn Artus klagesang „Ich bin allein“.

Brrrr: Ritter ohne Rösser – die zu Fuß galoppierende Tafelrunde von Artus gehört inzwischen zu den ikonischen Szenen der Filmgeschichte. Foto: Schwarze

Manch ein Erwachsener ließ sich so vom Geschehen gefangen nehmen, dass er dem Kasperletheater-Effekt erlag. „Ihr habt vergessen, euch zu verstecken“, brummte ein Mann, als die trottelige Rittertruppe die antike List mit dem „trojanischen Hasen“ vermasselte: Die verfeindeten Franzosen zogen das riesige Holzgebilde in ihre Burg, während die Ritter draußen standen und zusahen – statt im Bauch des Langohrs in die Festung zu gelangen. Hätten sie Homer mal gründlicher gelesen.

Den Schauspielerinnen und Schauspielern merkte man ihre Spielfreude unter der Regie von Marius Wetter und Thormen Ehrhardt ebenfalls an. Begeistert stürzten sie sich ins Getümmel der temporeichen Szenen, schwenkten die Ritter ihre Beinchen zu einer Tanzrevue, legte die Fee vom See einen Rüstungsstriptease hin. Gesangsparts wurden gut gelaunt geschmettert – und ja: Der Komik wegen musste der ein oder andere Song geschmettert werden. „Spamalot“ ist die gesungene Variante des Films „Ritter der Kokosnuss“, den die britische Komikergruppe „Monty Python“ vor 50 Jahren in die Kinos brachte.

Eine Kusshand fürs Publikum von den Revuegirls: Von Anachronismen wie diesen lebt die Komik im Musical „Spamalot“. Foto: Schwarze
Eine Kusshand fürs Publikum von den Revuegirls: Von Anachronismen wie diesen lebt die Komik im Musical „Spamalot“. Foto: Schwarze

Hinter der vordergründigen Parodie auf die Artussage und die mythische Burg Camelot steckte Gesellschaftskritik, vor allem aber absurder und schwarzer Humor. Da erheben sich schon mal die Pesttoten vom Leichenwagen, um den Begleitgesang zu „Ich bin noch nicht tot“ zu intonieren. Permanent wird die vierte Wand – jene unsichtbare Barriere zwischen Bühne und Publikum – durchbrochen. Wobei das wiederum kommentiert wird: „Das war jetzt die vierte Wand“, stellte ein Darsteller frohlockend fest.

Lanzelots Coming-out wird regenbogenfarben untermalt. Foto: Schwarze
Lanzelots Coming-out wird regenbogenfarben untermalt. Foto: Schwarze

„Ich mag den Humor“, sagte eine Zuschauerin in der Pause. Andere lobten die „coolen Szenen“, die „tollen Tänze“ und die „unglaublichen Kostüme“. Tatsächlich hatte sich das Ensemble der Freilichtbühne mit Kostümen und Kulisse einmal mehr selbst übertroffen. In der Bühnenmitte ragte eine mehrere Meter hohe, zinnenbewehrte Burgfassade auf. Die Bühnenhäuser an der Seite ließen sich mit Tarnvorhängen sekundenschnell umfunktionieren. Vorhang hoch: Auftritt Taverne. Vorhang runter: Auftritt Wald. Die Fee vom See erschien inmitten einer Entourage von Meermaiden in türkisfarbenem Glitzertüll. Die wurden wiederum konterkariert durch eine Gruppe Pompons schwenkender Cheerleader. Ein Trupp Mönche schlug sich büßend Bretter vor den Kopf, Revuegirls, Männerballett und Fackeln schwingende Burgfräulein verwandelten das Mittelalter in ein schmissiges Broadway-Musical.

Willst du mich nun heiraten? Die Fee vom See (Janine Muhlberg) verzweifelt am begriffsstutzigen Artus. Foto: Schwarze

Inmitten dieses gewollten Tohuwabohu war es nicht leicht, königliche Würde zu bewahren. König Artus versuchte es trotzdem – was Marius Wetter mit der würdevollen Manier eines Don Quijote überzeugend mimte. Unermüdlich erklärte er sich und seine Monarchie mit geschwollenem Timbre, auch wenn niemand ihm zuhörte. Stets an seiner Seite: Sarah-Jane Jücker als Patsy. Lange dazu degradiert, mithilfe zweier Kokosnussschalen das Klappern von Pferdehufen zu imitieren, hatte sie ihre große Stunde beim Song „Nimm das Leben beschwingt“. Als Fee vom See schillerte Janine Muhlberg zwischen gekonnter Melodramatik, schmollender Diva (zum Song „Wann geht’s hier wieder mal um mich?“) und genervtem Heiratsantrag an den begriffsstutzigen Artus. Marvin Müller schwingt freiheitsliebende Reden über „Tümpeltussis“, die keine Regierungsgrundlage bilden, hört aber im Zweifelsfall auf Mama. Dazwischen gab es ein Wiederhören mit einem Urgestein der Freilichtbühne: Als Stimme Gottes schallte das unverwechselbar sonore Organ von Gottfried Forstmann aus dem Off.

Stahl die Szene: Killerkaninchen mit Kuschelfaktor. Foto: Schwarze
Wehe, wenn sie losgelassen – da schlägt eine französische Can-Can-Tänzerin auch gestandene Ritter in die Flucht. Foto: Schwarze
Auch wenn es regnet: „Always look on the bright Side of Life“. Foto: Schwarze
Die List mit dem trojanischen Hasen gegen die Franzosen misslingt. Für französisches Flair sorgen Obelix und Idefix. Foto: Schwarze

Mehr Fotos von der Premiere finden Sie morgen (18.08.2025) in der WERNEplus-Bildergalerie.

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