Werne. Am 13. September findet die Kommunalwahl in NRW statt. An dem Tag fällt auch die Entscheidung, wer die Nachfolge von Michael Makiolla (SPD) antritt, der seit 2004 Landrat im Kreis Unna ist. Einer der Kandidaten für die Nachfolge ist SPD-Politiker Mario Löhr, der amtierende Bürgermeister von Selm. WERNEplus hat mit dem 48-Jährigen, der in Werne geboren wurde, gesprochen.
Durch die Pandemie herrschen im Wahlkampf erschwerte Bedingungen. In den vergangenen Tagen sind Sie auf vielen Wochenmärkten im Kreisgebiet unterwegs gewesen. Wie schwer ist es, bei den geltenden Corona-Einschränkungen überhaupt ins Gespräch mit den Menschen zu kommen?
Ich überzeuge am liebsten im persönlichen Gespräch. Da sind die Pandemie-Vorsichtsmaßnahmen schon ein starkes Hemmnis. Wir haben uns ein wenig darauf eingestellt: Es gibt Masken mit dem Aufdruck „Klartext“ und meiner Internetadresse und wir haben Zollstöcke (zwei Meter) produzieren lassen (Aufdruck: „Nähe mit Abstand“), damit wir immer wieder an die Regeln denken. Und natürlich nutzen wir die sozialen Medien, obwohl das anfangs nicht so meine Sache war. Aber ich wäre nicht Mario Löhr, wenn ich nicht auch diese Herausforderung angenommen hätte. Sie sagen es ja: Ich bin seit Wochen mit dem eigenen Marktstand auf den Wochenmärkten im Kreis unterwegs, besuche Firmen und die Menschen auch zuhause. Das geht! – immer mit dem notwendigen Abstand. Ich habe den Eindruck, die Menschen sehnen sich nach dem bisschen Normalität, die wir damit bieten. Jedenfalls wird das gut angenommen – besser als ich befürchtet hatte!
Wie ärgerlich ist es, dass der direkte Austausch mit den Wählern, beispielsweise bei öffentlichen Diskussionsrunden, kaum möglich ist und damit insgesamt deutlich weniger Menschen als üblich erreicht werden können?
Na ja, die Methode hat sich geändert. Die Kandidaten treffen sich – hier in Werne gleich zweimal – zu Diskussionsrunden. Die werden meist live ins Netz gestellt und sind dann natürlich auch später noch abrufbar. Ich bin mir nicht mal sicher, ob wir am Ende nicht mehr Menschen erreichen können. Ob die sich dann den gesamten Stream ansehen, ist ungewiss, eher unwahrscheinlich. Früher ging man zu so einer Veranstaltung und blieb meist bis zum Ende. Heute zappt man rein und wieder raus. Ich kann noch nicht einschätzen, welche Wirkung wir erzielen. Aber mir fehlt schon die direkte Reaktion der Leute, die direkte Konfrontation. Ich bin eher leidenschaftlich, vor einer Kamera nehme ich mich doch ein wenig zurück. Schade eigentlich.
Haben Sie die Entscheidung, sich politisch zu engagieren, schon einmal bereut?
Nein, nie! Es gab unschöne Augenblicke, wenn irgendwelche Leute mit Entscheidungen nicht richtig umgehen konnten und mir vor die Füße gespuckt haben – keine Frage, da kommst du ins Grübeln und machst dir Gedanken über deine Familie, ob du denen nicht zu viel zumutest. Aber über all die Jahre habe ich nahezu alles erreicht, was ich für die Menschen durchsetzen wollte. Und es gab auch schnelle Erfolge, manchmal auch Umwege – aber eben auch schnelle Erfolge, das ist ein grandioses Gefühl, da verblasst jeder Zweifel.
Was macht bei der Arbeit als Politiker am meisten Freude?
Das kann ich kaum in Worte fassen. Aber ich könnte es Ihnen zeigen! Wenn das ginge, dann würden wir mal eine ausgedehnte Radtour durch Selm machen. Da kann ich Ihnen an nahezu jeder Ecke eine Geschichte über die Veränderungen erzählen, die wir in den letzten zehn Jahren zu Wege gebracht haben. Ich bin verliebt ins Gelingen, das macht mir Riesenspaß. Das Zweite ist das persönliche Gespräch, die Begegnung. Ich mache das ständig, nicht nur im Wahlkampf. Ich bin immer erreichbar und übers Jahr auf den Märkten präsent. Das habe ich als Bürgermeister so gemacht, das mache ich weiter! Ab und an gibt es Begegnungen, die mich wirklich berühren. Neulich war ich bei der „Lüsa“ in Unna, eine Einrichtung, die sich um Schwerstabhängige und mehrfach geschädigte Drogenabhängige kümmert. Wow, da war ich tief beeindruckt: Riesenengagement, Powerleistung! Solche Begegnungen suche ich gezielt, damit wir nie vergessen, dass wir den Blick auf das Ganze richten müssen, auf alle – jede und jeden! Für mich ist das kein Spruch!
Seit 2009 sind Sie Bürgermeister in Selm. Was war seitdem das Wichtigste, das Sie politisch erreicht haben?
Ich habe es ja schon gesagt, das kann ich nicht aufzählen, das müssen Sie sehen! Die Stadt war, als ich übernahm, finanziell am Ende. Wir haben uns Hilfe organisiert, auch im Rahmen der Regionale 2016, vom Kreis, vom Land, vom Bund. Zugegeben, ich habe da viel Druck gemacht, aber das haben wir nur auf die Beine gestellt, weil wir über Parteigrenzen hinweg und tief verwurzelt in der Bürgerschaft alles getragen haben. Wenn Sie mich fragen, was das Wichtigste ist, dann vielleicht das: Alle an einen Tisch, aussprechen, anpacken. Das hat funktioniert.
Teil 2 des Interviews mit Mario Löhr folgt am Freitag auf WERNEplus.de.