Werne. Die gesetzlichen Krankenkassen in NRW haben mit der lange geübten Praxis Schluss gemacht, die Kosten für den Notfalleinsatz des Rettungswagens (RTW) auch dann vollständig zu übernehmen, wenn kein Transport des Patienten zu einem Krankenhaus oder einer ambulanten Einrichtung notwendig war. Das sorgt wie berichtet für Auseinandersetzungen zwischen Kassen und den Kommunen als Träger der Rettungsdienste.
Denn nun sollen die Patienten bei Fehl- oder Leerfahrten per Rettungsdienstgebühr an den Kosten beteiligt werden. Die Krankenkassen berufen sich dabei auf das Sozialgesetzbuch 5 (SGBS), dass RTW-Fahrten ohne Transport als Fehlfahrten einstuft.
Die Rettungsdienstgebühr müsse die Stadt Werne als Träger in solchen Fällen dem Bürger in Rechnung stellen, denn der Gebührenpflichtige sei der Patient, hieß es am Dienstag, 9. Dezember 2025, im Haupt- und Finanzausschuss. Nach dem Inkrafttreten der Rettungsdienstsatzung der Stadt Werne am 1. Oktober 2025 heißt im Klartext: Betroffenen Bürgern wird der Gebührenbescheid wohl noch vor Weihnachten ins Haus flattern.
Bei „Fahrten ohne Transport“: Kassen begrenzen Kostenerstattung drastisch
„Eine Fahrt in einem Rettungswagen kostet laut Satzung der Kreisverwaltung rund 2.700 Euro. Darin enthalten sind auch die Vorhaltekosten für Personal, Fahrzeuge, Ausstattung und Infrastruktur“, hatte Landrat Mario Löhr aufgeschlüsselt. Erstatten wollen die Kassen davon noch 1.700 Euro, der Rest bleibt offen. Die gesetzlichen Krankenkassen verweisen auf den eigenen Kostendruck.
Es habe bereits viele Versuche gegeben, ein Einvernehmen mit den Krankenkassen herzustellen, schilderte Kämmerer Marco Schulze-Beckinghausen die gemeinsamen geführten Aktivitäten in den betroffenen Kreiskommunen Kamen, Lünen, Schwerte, Unna und Werne sowie darüber hinaus von den kommunalen Spitzenverbänden wie dem Städte- und Gemeindetag. Erst am Dienstagmorgen hatte in Unna eine Runde mit Vertretern der Kommunen getagt, darunter Stephan Elsner. „Ohne Ergebnis“, wie es hieß.
Stadt muss Bescheide ausstellen – Etwa 20 Prozent Fehlfahrten pro Jahr
Durchschnittlich 20 Prozent der Rettungsdienstfahrten pro Jahr sind „Fehlfahrten“, hatte Sozialdezernentin Kordula Mertens Ende November auf Nachfrage von WERNEplus berichtet. Der Ausfall bei der Kostenerstattung durch die Kassen läge somit bei etwa 1 Million Euro.
„Wir müssen die Gebühren an die Bürger schicken, wir können nicht verzichten“, hieß es in der Sitzung mit Verweis auf die Gemeindeordnung, die eine kostendeckende Finanzierung vorschreibe.
Fraktionen und Verwaltung in ihrer Bewertung einig – Vor Ort nicht zu lösen
„Eine Katastrophe, das auf dem Rücken der Patienten auszutragen. Dann werde der Rettungswagen nicht mehr gerufen, das kann nicht der Weg sein.“ (Sven Linnemann, SPD).
„Das ist fatal. Die Bürger bekommen den Bescheid unter dem Tannenbaum. Man muss Druck aufbauen, so bleibt der Bürger darauf sitzen. Die Entscheidung über den Einsatz müsste die Leitstelle treffen.“ (Jörg Weber, CDU)
„Niemand soll sich daran gehindert fühlen, die 112 zu rufen. Das macht auch wirtschaftlich keinen Sinn, es entstehen so hohe Folgekosten. Die Rechtslage ist nicht entschieden, die Stadt ist nicht die Versicherte. Eine fatale Situation.“ (Bürgermeister Lars Hübchen).
„Das ist vor Ort nicht zu lösen, es muss Druck her. SGB5 muss geändert werden. Die Zahl der Fehlfahrten zu verringern, wird nicht gehen. Ein Skandal.“ (Benedikt Striepens, Grüne).
„Wir sind in der Pflicht, ordentlich zu informieren und müssen kurzfristig Hilfe leisten.“ (David Storksberger, Die Linke).
Man werde sehr sorgsam mit den Bescheiden umgehen, sicherte der Bürgermeister mit Blick auf mögliche Mahnungen zu. Kämmerer Schulze-Beckinghausen betonte, dass man die gemeinsamen Forderungen darstellen müsse. Ein Flyer mit Erläuterungen, der dem Gebührenbescheiden beiliegen soll, sei in Arbeit, hieß es ferner. In der kommenden Woche werden die Bürgermeister bei ihrem Treffen das weitere Vorgehen beraten.






















