Werne. Der viereinhalbstündige Wahlabend im Stadthaus war deutlich spannender als zuletzt der Tatort. Am Ende jubelten die einen, während vor allem den Grünen die Enttäuschung an den Gesichtern abzulesen waren.
Relativ früh lief es auf eine Bürgermeister-Stichwahl zwischen Lars Hübchen (SPD) und Christoph Dammermann (FDP) hinaus. Dass der Sozialdemokrat mit 45,79 Prozent nun die Pole Position übernimmt, war im Vorfeld in dieser Deutlichkeit nicht abzusehen. Der 41-Jährige wurde damit für einen engagierten, bürgernahen Wahlkampf belohnt, dem der Kandidat der Liberalen in Sachen Intensität und Sichtbarkeit nicht nachstand. Dammermann kommt auf fast 30 Prozent.
Benedikt Striepens wurde „Opfer“ des allgemeinen Trends der Grünen. Dass der erfahrenste Kandidat nur 13,71 Prozent der Stimmen erreicht, überraschte auch die beiden anderen Bewerber. Striepens trat bei den Podiumsdiskussionen souverän und mit klaren Standpunkten auf, rückte im Wahlkampf erwartungsgemäß Klima- und Umweltschutz sowie Inklusion in den Mittelpunkt. Diese Themen seien nicht angekommen, musste der Grünen-Kandidat einräumen.

CDU
Elfmal brandete am Wahlabend Jubel im Stadthaus auf, denn soviele Direktmandate sicherte sich die CDU. Doch die Christdemokraten kommen im neuen, verkleinerten Rat auf nur noch zwölf Sitze, verloren im Vergleich zur Wahl 2020 rund sechs Prozent (5,65%). Nur 32,84 Prozent – das dürfte das schlechteste Ergebnis für die CDU seit Jahrzehnten sein. 2009 waren es 35,3 Prozent, fünf Jahre davor noch 39 Prozent. Gesicherte Daten für 1999 liegen WERNEplus derzeit nicht vor, „da müssten wir erst in den Papierakten nachschauen“, so Wahlleiter Sven Henning.
Abgestraft ist vielleicht nicht das passende Wort für die Verluste, doch mit dem Rückzug von Bürgermeisterkandidat Dr. Thomas Neubourg und den wochenlangen internen Querelen in der Parteispitze, die durch einen „Maulwurf“ an die Öffentlichkeit gelangten, verspielten die Christdemokraten offenbar Vertrauen bei ihren Stammwählern.
Nur wenige Stunden nach dem Wahlabend flammte der Konflikt wieder auf, wird Vorstand und Basis der Christdemokraten wohl noch einige Zeit in Atem halten.
SPD
Davon und vom guten Auftreten ihres Bürgermeisterkandidaten Lars Hübchen profitierten eindeutig die Sozialdemokraten, die von 22,86 (2020) auf 29,78 Prozent zulegen konnten und damit im neuen Stadtrat nur einen Sitz weniger haben als die CDU. Selbst 2004, als Rainer Tappe (SPD) Bürgermeister wurde, erreichten die Genossen „nur“ 28,7 Prozent. Noch überraschender: Die SPD errang gleich sieben Direktmandate, vor fünf Jahren war nur Peter Roemer auf diesem Weg erfolgreich. Ob es das in der Geschichte der SPD in Werne überhaupt schon mal gab, gilt als unwahrscheinlich.

Bündnis 90/Die Grünen
Von neun Ratsmandaten auf nun vier im verkleinerten Rat – die Grünen haben sich mit 11,48 Prozent (minus 9 Prozent/2020) mehr als halbiert. Am engagierten Wahlkampf von Benedikt Striepens kann es nicht gelegen haben, folglich könnte der allgemeine Bundestrend die Ursache sein. Allerdings hat die Partei scheinbar ihre Stammwählerschaft nicht erreicht, im Vorfeld waren die Grünen zwar auf der Straße aktiv, digital blieben sie dagegen mit Themen weitesgehend blaß.
FDP
37 Stimmen mehr als die Grünen – die Freien Demokraten sind hauchdünn drittstärkste Kraft im neuen Rat, holten 11,73 Prozentpunkte. Durch die Bürgermeisterkandidatur von Christoph Dammermann, der auch unermüdlich um Stimmen für die FDP warb, rückte die Partei stark in den Blickpunkt. 3,39 Prozent mehr als noch vor fünf Jahren sprechen eine deutliche Sprache. Die Liberalen knüpfen damit an die Jahre 2004 (14,5%) und 2009 (19,7% an) und kommen wie die Grünen auf vier Mandate im neuen Stadtrat.

UWW
Einen Sitz mehr im Rat gewinnt die Unabhängige Wählergemeinschaft Werne (UWW) dazu. Neben dem Vorsitzenden Christian Weinreich sitzen auch Regina Bäumer und Christoph Westhues im höchsten politischen Gremium der Stadt. 8,48 Prozent holte die UWW und damit fast drei Prozent mehr als fünf Jahre zuvor. Stark das Ergebnis von der nun ehemaligen sachkundigen Bürgerin Regina Bäumer, die im Wahlbezirk 172 (DGH Horst) unglaubliche 22,18 Prozent holte und damit fast soviele wie die SPD-Bewerber (Oßwald-Blaschke) und FDP (Reichert) zusammen. „Horst war krass“, dankte die UWW-Kandidat für das Vertrauen.
DIE LINKE
DIE LINKE ist zurück im Stadtrat, nachdem die letzten Mitglieder Martin Pausch und Andreas Schütte die Fraktion nach internen Streitigkeiten nicht mehr vertraten und folgerichtig der SPD beitraten. Um 1,41 auf jetzt 5,70 Prozent legte die Partei zu – obwohl man im Wahlkampf eher unauffällig blieb und kaum Werne betreffende Themen bespielte. Stark vertreten waren die Kandidaten/innen bei der Wahlpräsentation, jubelten über ihre guten Ergebnisse. David Storksberger – er holte in seinem Bezirk 9,26 Prozent – und Martina Haase (5,53 Prozent) ziehen in den Rat ein.
Blick in den Kreistag
Während die Alternative für Deutschland (AfD) bei der Bürgermeister- und Stadtratswahl in Werne nicht auf dem Zettel stand, haben 1.990 Menschen in der Lippestadt ihr Kreuz gerade dort bei der Kreistagswahl gemacht. Auf 13,69 Prozent kommt die AfD in Werne. 31,69 Prozent der Wähler schenkten der CDU ihr Vertrauen, 26,66 Prozent der SPD.

Kreisweit holte die AfD 17,04 Prozent und ist damit hinter der SPD (30,77%) und CDU (27,23%) drittstärkste Kraft.
Bei der Landratswahl in Werne fiel das Votum deutlich aus: Der in Werne geborene Mario Löhr kam auf 60,71 Prozent und damit über dem Kreis-Durchschnitt (58,75%).






















