Werne. Die Energiekrise infolge des Ukraine-Krieges bringt die Stadt Werne an ihre Belastungsgrenze. Mit einem Minus von über 11,5 Millionen Euro kalkuliert die Kämmerei im Jahr 2023. Der städtische Haushalt stand im Mittelpunkt der Ratssitzung am gestrigen Mittwoch (15.02.2023) in der Aula des Freiherr-vom-Stein-Berufskollegs.
Bevor die Fraktionen, mehr oder weniger scharf mit Bürgermeister Lothar Christ und seiner Verwaltung ins Gericht gingen, hatte das Stadtoberhaupt selbst das Wort. Er verwies auf das Defizit in Höhe von 5,5 Millionen Euro plus die im Zusammehang mit Corona und Ukraine-Krieg isolierten 6 Millionen Euro.
„Wir dürfen uns jetzt nicht kaputt sparen, sonst setzen wir die Weiterentwicklung unserer Stadt aufs Spiel. Wir müssen handlungsfähig bleiben“, sagte Lothar Christ, der die Schaffung neuer Stellen in der Verwaltung „aufgrund der höheren Anforderungen“ verteidigte. Gleichzeitig hatte er auch eine gute Nachricht: Aufgrund der von der Bundesregierung beschlossenen Gaspreisbremse werde der städtische Haushalt wahrscheinlich um 1,8 Millionen Euro entlastet.
„Sicher kann man auf das Land, den Bund oder gar die EU verweisen und fordern, dass wir nichts tun können und wir Geld von den höheren staatlichen Ebenen brauchen. Ich denke aber, dass wir es uns damit zu leicht machen. Die Botschaft, die hier und heute von dieser Sitzung ausgehen muss, sollte vielmehr sein, dass wir so wie bisher nicht weiter machen können“, forderte Uta Leisentritt, Fraktionschefin der CDU Werne, die Verwaltung zu mehr Mut auch bei unbequemen Entscheidungen auf anstatt sich durch Gutachten absichern zu lassen.
Den meisten anderen Parteien im Rat warf sie vor, „immer noch nicht im Sparkurs angekommen“ zu sein. Sie kritisierte deren Verhalten, besonders das von Bündnis 90/Die Grünen, unter anderem bei den Planungen zum Feuerwehrgerätehaus oder zur baulichen Erweiterung der Wiehagenschule. „Einsparungen waren hier absolut nicht gewünscht.“
Den Christdemokraten fehle im Haushalt der Wille zum Sparen, so Leisentritt weiter und nahm Bezug auf den Stellenplan: „Ein Inklusionsbeauftragter ist bestimmt ’nice to have‘, bei der derzeitigen Haushaltssituation sollten solche Stellen aber dringend nochmals überdacht werden.“
Die CDU stimmte dem Haushalt zu, die Fraktionschefin hob aber sinnbildlich den Zeigefinger: „Sollte sich der Sparwille der Verwaltung nicht gravierend ändern und sollte es keine Vorschläge zur Kostenreduzierung geben, werden wir beim nächsten Haushalt, also Ende diesen Jahres, sehr wahrscheinlich anders entscheiden.“
SPD kontert Kritik der Christdemokraten
Ulrich Höltmann, stellvertretender SPD-Fraktionsvorsitzender, erinnerte daran, dass im vergangenen Jahr die meisten Anträge von der CDU gekommen wären: „Da sollte Geld für Mitnahmebänke ausgegeben werden.“ Auch der Sozialdemokrat bezeichnete die Haushaltslage als „dramatisch schlecht“. Er forderte, der „Kostenentwicklung dämpfend entgegenzuwirken“ und begrüßte Konsolidierungsmaßnahmen sowie das Einsparen von Energiekosten.

Genau wie die SPD stimmten auch die Grünen dem Haushaltsentwurf der Kämmerei zu – zum dritten Mal in Folge, wie Sprecher Benedikt Striepens bemerkte. Am Haushalt lasse sich wenig machen, inhaltlich seien aber die richtigen Weichenstellungen vorhanden, ebenso wie die Maßnahmen für das Klimaschutzkonzept. „Natürlich sehe ich auch die Problematik, dass wir Gelder in die Zukunft verschieben“, so Striepens weiter.
Als einzige Fraktion stimmte die FDP gegen die Verabschiedung des Haushalts. Claudia Lange stellte „Resignation“, gar eine „fatalistische Handhabung“ fest – getreu dem Motto: „Wir können da nichts tun und daher strengen wir uns auch nicht an!“ Sie sprach stets von einem „Trauerspiel“, bezugnehmend auf die Regionale 2016, Radwege oder Stellenplan. „Wer diesen Haushalt so beschließt, gibt dem Bürgermeister eine Generalvollmacht Schulden zu machen, egal ob sie notwendig sind oder nicht“, begründete Lange die Ablehnung ihrer Fraktion zum Haushaltsentwurf. Konkrete Maßnahmen um die Verluste einzudämmen, nannte sie nicht.
Dr. Thomas Gremme (UWW) forderte, die Einnahmen zu erhöhen und neue Gewerbegebiete zu schaffen. Auch über Steuererhöhungen zu reden, nicht nur die Grundsteuer B, sondern auch die Gewerbesteuer, sollte kein Tabu sein. „Alle Ausgaben müssen auf den Prüfstand und eine Priorisierung vorgenommen werden“, so der UWW-Sprecher weiter. Auch Martin Pausch (Linksfraktion) mahnte an: „Ein ‚Weiter so‘ kann es nicht geben. Wir betrachten alle Entscheidungen weiter kritisch und sozial.“
Bei der Abstimmung wurde der städtische Haushalt mit den vier Gegenstimmen der FDP mehrheitlich verabschiedet.