Werne. Brücken bauen, zum Dialog einladen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken – diese Ziele hat sich der 2024 gegründete Verein „mehrWerte – Gesellschaft für Dialog in der Region e.V.“ auf die Fahne geschrieben.
Bei der Premierenveranstaltung am vergangenen Donnerstag (27.03.2025) im „Hotel am Kloster“ sorgte der anerkannte Ethik-Professor Dr. Andreas Suchanek vor rund 100 interessierten Gästen für Impulse. Und am Ende kam es im Rahmen der Podiumsdiskussion zu einer überraschenden „Versöhnung“.
Ein „Dialog-Forum“ wollen Vorstand und Mitglieder von „mehrWerte“ schaffen, um den sozialen Zusammenhalt zu fördern. „Wir wollen eine offene und lebendige Gesellschaft und jedem eine Stimme geben“, sagte die stellvertretende Vorsitzende Prof. Dr. Ann-Marie Nienaber, ehe Ehrengast Andreas Suchanek den Zuhörenden wichtige Denkanstöße mit auf den Weg gab.
Der „Ethiker aus Leidenschaft“, so Suchanek über sich selbst, stellte an den Ausgangspunkt die Verantwortung für das eigene (gute) Leben. „Keiner macht es sonst für Sie. Bewahren Sie sich Ihre Integrität. Und: Betreiben Sie Fürsorge für andere, denn das steigert auch Ihr eigenes Wohlbefinden“, betonte er und bemerkte: „Die soziale Ungleichheit ist der größte Zersetzer des Zusammenlebens.“ Dass dieses nur mit „Spielregeln“ funktionieren könne, machte der Experte anhand von Beispielen aus dem Sport deutlich oder zitierte das Grundgesetz. Die soziale Ordnung müsse man schützen – durch Anerkennung und Respekt.
Werte seien nur Werte, wenn man etwas für sie tut. Suchanek bezeichnete dies als „Investition“. Wohlwollen/Fürsorge und Gerechtigkeit schaffen Verlässlichkeit und Vertrauen – die Grundlage. Viel Applaus und vor allem Zustimmung erhielt der Ethik-Professor für seinen unterhaltsamen Vortrag.

In der anschließenden Podiumsdiskussion stellten Frederik Holtrup und Felix Beckhove von den Leos in Werne vorbildliche Aktivitäten wie die „Ein Teil mehr“-Aktion zugunsten der Tafel in Werne vor. Letzterer engagiert sich zudem als Schülersprecher am Gymnasium St. Christophorus dafür, dass auch jüngere Mitspieler mitreden dürfen. Thomas Kißmann, Pädagogischer Leiter der Jugendhilfe Werne, stellte die vielfältigen sozialen Aufgaben der Einrichtung vor (u.a. OGS, Kita, Streetwork, Schulsozialarbeit, Jugendzentren).
Michael Zurhorst, Vorsitzender von „Wir für Werne“, bezeichnete das Anliegen des neuen Vereins als „Mammutaufgabe“. Er beklagte, dass nicht mehr in der Sache diskutiert, sondern nur noch die Person angegriffen werde. Zurhorst berichtete, dass er in der Diskussion um den Bürgerentscheid für oder gegen ein neues Gewerbegebiet im Jahr 2021 „persönliche Ächtung erlebt“ habe. Ihm sei in den Sozialen Medien fälschlicherweise unterstellt worden, eine Giftmüllfabrik in Werne errichten zu wollen. „Kleine Randgruppen verschaffen sich durch lautstarke Beschimpfungen einen Vorteil. Wir müssen zurück zu seiner Diskussionskultur ohne Ächtung“, forderte der ehemalige Lokalpolitiker.
Betroffen zeigte sich Gabi Peisker, damals Sprecherin der Bürgerinitiative BIN gegen das geplante Gewerbegebiet, von Zurhorsts Schilderungen und ergriff das Wort: „Dafür möchte ich mich entschuldigen. Mir persönlich ist und war immer ein gutes und friedliches Miteinander wichtig und dass keine Polarisierung entsteht.“ Zurhorst betonte, dass er der Person gerne gegenüber getreten wäre, um zu diskutieren. Dazu kam es aber nicht.
Kritik äußerte Patrick Naber, Sozialarbeiter und Vorsitzender des Radsport-Clubs (RSC) Werne, an der Zusammensetzung der Teilnehmenden bei der Auftaktveranstaltung. „Das ist kein Querschnitt unserer Bevölkerung, viele Gruppen sind unterrepräsentiert“, meinte er. Vorsitzender Dr. Thomas Willerding antwortete: „Wir wollen diesen Querschnitt und dazu brauchen wir Ihre Hilfe.“ Schließlich wolle man alle Gruppen an einen Tisch holen – das sei Ziel für kommende Veranstaltungen. Naber riet im Nachgang zu einer gezielteren Einladung – nicht nur über die Presse – breiterer Gruppen, zu einer direkten Ansprache von Menschen mit unterschiedlichem sozialen Hintergrund sowie zur Kooperation mit Sozialverbänden, Jugendzentren, Gewerkschaften, lokalen Schulen oder Einrichtungen für soziale Arbeit.
Lobende Worte für den Verein sprach Marita Funhoff, stellvertretende Bürgermeisterin der Stadt Werne, zu Beginn in ihrem Grußwort aus. Buchhändler Hubertus Waterhues meinte am Ende: „Ich liebe den Verein jetzt schon!“ Wie viele andere ist er nun neugierig, welche Schritte „mehrWerte“ zukünftig beschreiten wird, um den Vereinszweck mit Leben zu füllen. Der Anfang ist jedenfalls gemacht.