Freitag, Juli 26, 2024

Rauchclub in Werne: „Sie pafften, was das Zeug hielt …!“

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Werne. Der Werner Rauchclub „Blaue Wolke“ – ein Unikum – hätte seinen 90. Geburtstag feiern können. „Hauptsache es dampft …!“ lautete die Devise des Werner Rauchclubs „Blaue Wolke e.V., der sich am 22. August 1931 in der Gaststätte Schulz am Markt (heute Pfarrheim St. Christophorus) gründete.

Seine Mitgliederzahl war auf sechs gestandene Werner Mannsbilder begrenzt, die sich bereits seit der gemeinsamen Schulzeit kannten. Allesamt Werner Originale, frönten sie an jedem ersten Samstag eines Monats in aller Gemütlichkeit dem Rauchen aus Passion und als „geselligkeitsförderndem“ Moment. Jeder der Sechs paffte mit Genuss, was das Zeug hielt.

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Zunächst rauchte man vornehmlich die historische „Münsterländer lange Pfeife“. Später schätzte man auch eine gute, angenehmen Duft verbreitende Zigarre, wie unser Foto aus den Gründerjahren des Clubs zeigt – Zigaretten hingegen waren eigentlich verpönt. Noch bis weit in die 1980er Jahre trafen sich die verbliebenen Mitglieder des Clubs regelmäßig im Centralhof der Familie Kroes am Markt, wo sie damals noch den Tabak in vollen Zügen genießen konnten – heute eine Unmöglichkeit. Im Übrigen spielte man zu dieser Zeit auch regelmäßig Skat.

Seit jeher war der Rauchclub „Blaue Wolke“ ein Werner Kuriosum. Das ging schon aus seiner Satzung hervor, die aus dem Grunde entstanden sein soll „der Vielzahl der in Werne schon bestehenden unnützen Vereine einen weiteren hinzuzufügen“. Die Hauptaufgabe des Clubs läge indes in der Pflege der Besinnlichkeit und der Fortsetzung der Tradition des berühmten Tabakkollegiums Friedrich Wilhelms I., wurde betont.

Im Jahre 1950 lebten noch fünf der ursprünglich sechs Gründungsmitglieder, die alle zugleich den Vorstand bildeten. Dieser bestand laut Satzung aus dem ersten und zweiten Vordampfenden sowie dem Schriftführer und dem Kassierer. Gemäß einem weiteren Passus der Satzung mussten der Staatsform der Demokratie entsprechend nach Ablauf einer gewissen Zeit Neuwahlen durchgeführt werden, „um die schwierigen Posten innerhalb des Vorstandes zu verschieben“.

Dabei sollte die Aufgabe des ersten Vordampfenden demjenigen zufallen, der es verstand, sich nach Möglichkeit als erster vollends einzunebeln, wurde kolportiert. Der Vereinswimpel war in blau, weiß und rot gehalten – gemäß der Devise: Blauer Dunst aus weißen Pfeifenköpfen bei rosenroter Rosenmontagsstimmung.

Die fünf Vereinsmitglieder (Josef Grund-Günnewig fiel im Krieg) auf Blauer Fahrt Anfang der 1950er Jahre. Foto: Archiv Sim-Jü Verlag/Rainer Schulz

Interessant ist, dass der Club nach dem Zusammenbruch 1945 von der Militärregierung nicht einmal gesperrt worden ist, weil Artikel 52 der damaligen Verordnungen nicht auf die Pflege des Schmäukens in Anwendung gebracht werden konnte. In einem Bericht über die „Blaue Wolke“, der Anfang der 1950er Jahre in der damaligen „Werner Volkszeitung“ erschien, wurde unter anderem humorig über die seinerzeitige Tabakknappheit berichtet: „Leider waren für dieses Vereinsunikum keine Dollarbeträge zur Sicherstellung des Tabakbedarfs im Marshallplan vorgesehen, obwohl dessen Tabakverbrauch kein niedriger sei!“

Apropos Tabakverbrauch: In den ersten Jahrzehnten bezogen die „Blaue-Wolke“-Mitglieder den Pfeifentabak von einem Duisburger Lieferanten. Das müssen im Laufe der Jahre Zentner gewesen sein, denn 1956, beim 25. Vereinsjubiläum schickte der Tabakhändler als Präsent eine große Ration der beliebtesten Tabakmischungen.

Diese wurden in große Dosen gefüllt, aus denen sich jedes Mitglied bei den Zusammenkünften, die inzwischen mittwochs und sonntags stattfanden – bedienen konnte. Überhaupt fand das Jubiläum in der Tabakwelt ein großes Echo. So trafen Glückwünsche von nahezu allen namhaften Tabakproduzenten beim Blaue-Wolke-Vorstand ein, darunter Firmen wie Brinkmann, Kyriazi und Oldenkott. Auch befreundete Rauchclubs meldeten sich, zum Beispiel der aus Würselen von 1874 und die niederländischen „Toeback Suyghers“ aus Den Haag.

Josef Kortländer und seine Frau in ihrem Uhrmachergeschäft am Bült, Anfang der 70er Jahre. Foto: Archiv Sim-Jü Verlag / Rainer Schulz

Blauer Dunst, Geselligkeit und Klönen, das war den Mitgliedern der ersten Jahrzehnte – allesamt Werner Handwerksmeister – das Wichtigste, deshalb wurden immer wieder auch Ausflüge und gemeinsame Blaue Fahrten in die Umgebung von Werne und auch mal darüber hinaus unternommen. Bliebe noch hinzuzufügen, dass im Laufe der Zeit von der „Blauen Wolke“ auch Ehrenmitglieder ernannt wurden. Dazu zählte zum Beispiel der in den 1920er und 30er Jahren weithin bekannte Dortmunder Komiker Karl Napp, der dem Verein eigens eine Widmung schenkte, die lange im ersten Vereinslokal, der Gastwirtschaft Schulz am Markt hing. Auch ein Chinese habe sich der Ehrenmitgliedschaft rühmen können, hieß es.

Heute ist das alles längst Vergangenheit, denn von den Mitgliedern der „Blauen Wolke“ lebt schon niemand mehr. Letzter Aktiver war Josef „Töppken“ Angelkort, der vor einigen Jahren im 99. Lebensjahr verstarb. — von Rainer Schulz —

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