Werne. Auf Gewerbe folgt Wohnen, aus Alt wird Neu: Auf dem ehemaligen Gelände der Druckerei Beckmann an der Penningrode sollen „Beckmann’s Wohnwerke“ entstehen. Das ist der Plan der Architekten von Maas&Partner aus Münster, die ihr innovatives Projekt am Mittwoch, 19. Juni 2024, im Ausschuss für Stadtentwicklung, Planung und Wirtschaftsförderung vorstellten.
Neu daran ist, das Alt zu einem Gutteil erhalten bleiben und sich in ein lebendiges Wohnquartier mit kleinen Wohneinheiten für junge Leute, mit Familienhäusern und Seniorenwohnungen plus Tagespflege wandeln soll. Nach einem Teilabbruch, so das Konzept, sollen vier große Gebäudekörper übrig bleiben und dazwischen entsiegelte, grüne Freiflächen entstehen, die in Privatgärten und Gemeinschaftsbereiche gegliedert werden. 132 Wohneinheiten sind im ersten Aufschlag angedacht.
Die ehemalige Druckerei nahe dem Werner Bahnhof wurde aufgegeben und danach in Teilen an verschiedene Gewerbetreibende vermietet. Die rund 14.000 Quadratmeter große Fläche, die auf 11.000 Quadratmetern mit Werkshallen und teils zweigeschossigen Gebäuden überbaut ist, hatte das Team um Michael Maas, Thiemo Audick und Benjamin Busche zuvor intensiv auf die Chancen einer Fortnutzung geprüft. Die positiven Ergebnisse von Baustatik, Schall- und Lärmschutz, Bodenbelastung und die Möglichkeit, Zwischendecken einzuziehen, kommen den Projektierern ebenso entgegen wie die vorhandene Tiefgarage, die einen Großteil der Stellplätze im Untergrund verschwinden lässt.

Ehemalige Druckerei soll nachhaltiges Vorzeigeprojekt werden
Man baue auf 80 Prozent des Bestandes und investiere selber mit, hieß es im Ausschuss. Auch die Inhaber-Familie Beckmann der ehemaligen Gewerbeimmobilie plane hier zehn Wohnungen, so Michael Maas, geschäftsführender Partner der Firma. Die Nachnutzung von Altbestand haben sich die Münsteraner Architekten auf die Fahnen geschrieben und wollen „Beckmann’s Wohnwerke“ in Werne auch zum Vorzeigeprojekt für die eigene Expertise machen. Denn dessen nachhaltiges Potenzial, die „graue Energie“ in Altbeständen zu nutzen, ist längst erkannt, verwies Maas auf bereits umgesetzte Projekte. „Wir wissen was wir tun“, hieß es.
Die vorhandene graue Energie der Gewerbeimmobilie ist beachtlich. „2.291,25 Tonnen CO2 sind schon drin“, erfuhren die Mitglieder des Gremium über die inneren (Energie)-Werte der verwendeten Bestandsmaterialien. Neben der Schonung neuer Ressourcen komme hinzu, dass die Transformation von der Druckerei zum Wohnquartier auch deutlich weniger Baulärm als bei einem Neubau mit sich bringe.

Wohnraum für Azubis, Familien, Paare, Singles und Senioren
Nachhaltigkeit, Bestandserhaltung, Entsiegelung von Flächen, KFW 40 Standard, Wärmepumpen, Photovoltaik lauten die nachhaltigen Eckpunkte bei der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum für Familien, Paare, Singles und Senioren gleichermaßen.
Mit einem besonderen Angebot wollen „Beckmann’s Wohnwerke“ Auszubildenden günstigen Wohnraum bieten. 25 bis 26 kleine Wohneinheiten ab 210 Euro Miete pro Monat sind vorgesehen. Das Angebot, für das Fördermittel beantragt werden können, kommt jungen Auszubildenden zugute und ist zugleich für Firmen interessant, die im Ringen um Nachwuchskräfte beispielsweise Reservierungen vornehmen könnten, zeigten sich die Gäste aus Münster im Ausschuss überzeugt.
In der Runde hinterließen die Pläne ordentlich Eindruck. „Genial, selten innovativ“, fand Artur Reichert (FDP). „Innovative Lösung, sehr gut“, schickte Dr. Thomas Gremme (UWW) hinterher und auch Ferdinand Schulze Froning (CDU) betonte: „Tolles Projekt“. Der beste Entwurf, den er hier gesehen habe, versicherte Klaus Schlüter (Bd´90/Grüne). Weil in der Vergangenheit bei anderen Vorhaben aber Versprechungen in Sachen Begrünung nicht immer eingehalten wurden, hakte er in diesem Punkt nach. „Wir sind bereit, einen freiwilligen städtebaulichen Vertrag abzuschließen“, bekundete Michael Maas ausdrückliches Eigeninteresse am grünen Teil der Pläne. Auch auf die Nachfrage zum Thema Lärmschutz mit Blick auf den Bahnhof und die im Norden des Geländes angrenzende Arzneimittelfirma erläuterte er, dass dies mit entsprechenden Maßnahmen wie Lärmschutz-Fenstern zu lösen sei.

Altstandort für gewerbliche Nutzung nicht mehr vermarktbar
Dass mit der Umwandlung der Innenstadt nahen Gewerbeimmobilie in ein Wohnquartier dann aber Gewerbeflächen entfielen, besorgte die Runde angesichts der Mangellage in Werne in diesem Bereich unisono. „Da schlagen zwei Herzen in meiner Brust“, räumte deshalb auch Wirtschaftsförderer Matthias Stiller ein. „Ich bin ein ein Verfechter von Gewerbeansiedlungen, aber Altstandorte müssten auch vermarktbar sein. Die ehemalige Druckerei-Immobilie wurde in den vergangenen zwei Jahren Unternehmen angeboten, habe aber keinen Abnehmer gefunden, ebenso wenig wie einen Investor für einen Neubau“, berichtete er. Eine Rolle spiele hier auch der Lärmschutz zu der in den vergangenen Jahrzehnten gewachsenen Wohnbebauung, hieß es sinngemäß.