Samstag, Juli 27, 2024

Grundsteuer B rauf? Soviel müssten die Werner dann mehr zahlen

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Werne. Kämmerer Marco Schulze-Beckinghausen hatte es vor der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses angekündigt: „Der Bürgermeister wird das ‚böse Wort‘ Steuererhöhungen ins Spiel bringen.“ Der Verwaltungsvorschlag zur Haushaltskonsolidisierung schlug direkt hohe Wellen bei einigen Fraktionen.

Aber was würde die „verträgliche Anhebung der Hebesätze“ (Bürgermeister Lothar Christ) bei der Grundsteuer B für die Bürgerinnen und Bürger bedeuten? WERNEplus hat in der Kämmerei nachgefragt und veröffentlicht reale Beispiele aus der Lippestadt.

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„Die Stadt Werne weist im interkommunalen Vergleich mit den anderen kreisangehörigen Kommunen den günstigsten Hebesatz bei der Gewerbesteuer und den zweitgünstigsten Hebesatz bei der
Grundsteuer B auf. Im Rahmen der hochdefizitären Finanzlage ist es sachgerecht und geboten die Hebesätze anzuheben. Um hier einen maßvollen Weg zu finden, wird verwaltungsseitig angestrebt, den Hebesatz auf das durchschnittliche Niveau der kreisangehörigen Kommunen anzuheben“, heißt es in der Verwaltungsvorlage, die im Rats- und Informationssystem der Stadt Werne einsehbar ist.

Der interkommunale Durchschnitt der Gewerbesteuer ohne die Stadt Werne liegt im Jahr 2023 und 2024 bei 477 v. h. Durch die Anpassung der steuerlichen Hebesätze würde in der Stadt Werne der Hebesatz der Gewerbesteuer von jetzt 445 um 32 Punkte angehoben werden.

„Die aktuell kalkulierten Gewerbesteuereinnahmen summieren sich auf rund 22,5 Millionen Euro. Die geplante Erhöhung würde der Stadt Werne rund 1,6 Millionen Euro zusätzliche Steuereinnahmen bescheren“, rechnet Kämmerer Marco Schulze-Beckinghausen vor.

Gewerbesteuer – Hebesätze 2023 und 2024. Grafik: Kämmerei Stadt Werne

Die aktuell kalkulierten Steuereinnahmen aus der Grundsteuer B belaufen sich auf rund 7,8 Millionen Euro. Die Erhöhung des Hebesatzes auf das mittlere Kreisniveau, sofern der Stadtrat diese beschließt, würde kalkulierte Steuermehreinnahmen von rund 1,1 Millionen Euro bringen. Um 98 Punkte würde der Hebesatz von jetzt 665 auf dann 763 Prozent steigen – dem Kreisdurchschnitt.

Grundsteuer B – Hebesätze 2023. Grafik: Kämmerei Stadt Werne

Beispiele Erhöhung der Grundsteuer B in Werne

1. Die Besitzer eines zweigeschossigen Einfamilienhauses, Baujahr 2015, mit 160 Quadratmetern Wohnfläche zahlen bei einer möglichen Erhöhung statt bisher 748,66 Euro dann 858,99 Euro, was eine jährliche Mehrbelastung von 110,33 Euro (monatlich 9,19 Euro) ausmacht.

2. Für die Besitzer einer Doppelhaushälfte, Baujahr 1993, mit 120 Quadratmetern Wohnfläche würde die Grundsteuer B von 533,93 auf 612,91 Euro steigen, was Mehrkosten jährlich von 78,68 Euro (monatlich 6,55 Euro) bedeuten würde.

3. Mieter einer 65 Quadratmeter großen Wohnung in einem Mehrfamilienhaus, Baujahr 1999, müssten statt 293,93 dann 337,25 Euro zahlen. Jährliche Mehrbelastung: 43,32 Euro (monatlich 3,61 Euro).

4. Besitzer einer Doppelhaushälfte, Baujahr 1954, mit 200 Quadratmetern Wohnfläche, müssten statt 252,83 dann 290,09 Euro zahlen. Ein Plus von jährlich 37,26 Euro (monatlich 3,11 Euro).

5. Ein Rentner-Ehepaar besitzt einen Bungalow (120 Quadratmeter Wohnfläche) plus Einliegerwohnung (50 Quadratmeter), Baujahr 1972, und müsste jährlich 82,01 Euro (monatlich 6,83 Euro) mehr an Grundsteuer B berappen. „Niemand zahlt gerne mehr, doch wir betrachten diese Erhöhung als moderat. Für uns ist das zu schaffen“, sagt der 80 Jahre alte ehemalige Angestelle im Öffentlichen Dienst (Name der Redaktion bekannt), der anonym bleiben möchte.

„Bei dem einen passt es, bei anderen nicht, denn die Bürgerinnen und Bürger werden auch in anderen Bereichen verstärkt zur Kasse gebeten“, weiß Marco Schulze-Beckinghausen. Durch die Grundsteuer-Reform des Landes NRW im Jahr 2025 könnten sich die Hebesätze in weniger als zwölf Monaten erneut verschieben: „Mehr oder weniger große Unterschiede sind möglich.“

Dass die vorgeschlagenen Erhöhungen der Gewerbesteuer und Grundsteuer B nicht die einzige Maßnahme zur Haushaltskonsolidisierung darstellen, ist dem Kämmerer wichtig zu betonen: „Wir müssen bei den städtischen Ausgaben Prioritäten setzen, um das Heft des Handelns in der Hand zu behalten“, verweist Schulze-Beckinghausen auf das Spardiktat in Höhe von 1,3 Millionen Euro.

Einsparmaßnahmen

Verwaltungsseitig wird u.a. vorgeschlagen, die Anzahl der Ratsmitglieder auf das gesetzliche Mindestmaß zu reduzieren. Ersparnis: 30.000 Euro. Die Kinderferienstadt „Wernutopia“ soll ausgeweitet werden, auf das Zirkusprojekt aber verzichtet werden. Ersparnis: 20.000 Euro.

Nicht empfohlen werden seitens der Stadtverwaltung die Kürzung von Zuschüssen an Kultur- und Sportvereine sowie die mögliche Erhebung von Eintrittsgeldern für das Stadtmuseum. Auch die Absage der Maikirmes, die eine Entlasung von 10.000 Euro bringen würde, wird nicht befürwortet.

Im Bereich Wirtschaftsförderung und Werne Marketing GmbH sieht die Verwaltung keinen Spielraum für Konsolidisierungsmaßnahmen. Die zum 1. Januar 2024 durchgeführte Eintrittspreiserhöhung für das Solebad Werne wird mit einer Ertragssteigerung in Höhe von 180.000 Euro kalkuliert.

Das sind die Projekte, die auf der Kippe stehen

Unter anderem der zweite Rettungsweg für das Alte Rathaus und die Überprüfung des Umfangs bereits beschlossener Projekte (Mobilitäts- oder Klimaschutzkonzept) zählen zu den verwaltungsseitig empfohlenen „Projekten, die der Überprüfung und Entscheidung bedürfen“.

Die Erweiterung der Wiehagenschule samt Turnhallenneubau sowie den Ausbau der Münsterstraße und Errichtung des Kreisverkehrs Münsterstraße/Bahnhofstraße/ Konrad-Adenauer-Platz (Maßnahmen „Werne neu verknüpft“) will die Verwaltung nicht antasten – und steht damit im klaren Widerspruch zu den Forderungen der CDU-Fraktion.

Weitere Bausteine für „Werne neu verknüpft“, wie der Kreisverkehr an der Hornemühle oder die Gestaltung am Moormannteich/Hornegärten, sollen mittelfristig nicht umgesetzt, sondern auf spätere Jahre verschoben werden.

In der Ratssitzung am Mittwoch (20.03.2024) wird es zum „Showdown“ (O-Ton Marco Schulze-Beckinghausen) kommen, wenn Verwaltung und Politik für den richtigen Weg aus der Haushaltskrise streiten.

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