Werne. Mehr Regionalität hatten sich die Teilnehmer des alljährlichen Wirtschaftsgesprächs der Industrie- und Handelskammer zu Dortmund in einer Befragung gewünscht. Und die sollten sie bekommen: Beim Treffen am vergangenen Dienstag, 29. April, stellten sich gleich fünf Werner Unternehmer vor, die mit ihren innovativen Ideen und Produkten weit über die Grenzen der Stadt bekannt sind.
Der Veranstaltungsort konnte regionaler nicht sein, denn Gastgeber der Veranstaltung war die Brennerei Glitz-Ehringhausen. Geschäftsführer Georg Glitz-Ehringhausen lud zunächst zu einer Führung ein und erläuterte in der anschließenden Vorstellungsrunde die Philosophie des Betriebes, die unter dem Motto „Korn kann mehr“ steht. Georg Glitz-Ehringhausen und seine Schwester Theres führen die Brennerei seit 2012 und sind inzwischen mit ihren hochwertigen, preisgekrönten Produkten in ausgewählten Gastronomiebetrieben und im gut sortierten Fachhandel bekannt.
Doch Werne kann mehr als Korn. Das stellte auch Moderator Thorsten Wagner, Chefredakteur von Antenne Unna, anerkennend fest, der die weiteren Referenten präsentierte. Mario Moritz, Geschäftsführer der pB Consult GmbH, gab einen Einblick in seinen Firmensitz an der Werner Straße. Das Unternehmen, das Dienstleistungen im IT-Bereich anbietet, ist von Hamm in eine eigene Immobilie an der Einmündung zum Lidl-Parkplatz gezogen. Eine Immobilie, die laut Moritz beste Voraussetzungen für ein gutes Arbeitsklima bietet. Und dazu gehören neben modernen Büros und Aufenthaltsräumen auch ein Garten mit Pool, Sauna und Fitnessraum, wo die Mitarbeiter entspannen können, sowie Ladestationen für die Elektro-Firmenfahrzeuge.
Apropos Pool: Nur wenige hunderte Meter entfernt befindet sich an der Werner Straße der Sitz der traditionsreichen Firma Grunewald, die sich von einer Baumschule zum Fachbetrieb für Gartengestaltung und naturnahe Schwimmteiche und Pools, die ohne chemische Wasseraufbereitung funktionieren, entwickelt hat. Geschäftsführer Frederik Grunewald, der das Unternehmen gemeinsam mit seinem Onkel Jürgen führt, gab einen Einblick in das Geschäftsfeld. Der Firmenstandort in Stockum, so erfuhren die Teilnehmer der Gesprächsrunde, ist zugleich auch Sitz der Genossenschaft „Pool for Nature“, in der 80 Mitgliedsbetriebe aus Deutschland, Österreich, Luxemburg und der Schweiz ihre Fachkompetenz bündeln. Die Firma Grunewald ist Gründungsmitglied der Genossenschaft.
Die Produkte von Peter Telgmann, der sich als nächster vorstellte, zergehen auf der Zunge. Der jüngste Sohn der bekannten Konditorenfamilie Telgmann hat aus einer jugendlichen Spinnerei das florierende Unternehmen „Eis Berger“ entwickelt, das qualitativ hochwertiges Konditoren-Speiseeis herstellt. Viele Rückschläge habe es gegeben, berichtete der junge Unternehmer, doch er habe mit großer Unterstützung seiner Familie an der Idee festgehalten. Inzwischen vertreibt Peter Telgmann, der in der früheren Stockumer Bäckerei Berger, die sein Großonkel betrieben hat, produziert, in rund 400 Eis-Automaten sowie ausgewählten Geschäften seine süßen Leckereien. Mit rund 600 Verkaufsstellen stoße der Produktionsstandort an der Werner Straße langsam an seine Grenzen, berichtete Telgmann.
Um Gaumenfreuden geht es auch bei Heiko Antoniewicz. Der international bekannte Koch hat seinen Firmensitz im Verwaltungsgebäude der ehemaligen Zeche Werne. Er ist als Buchautor, Influencer und Berater für innovative kulinarische Konzepte sowie als Dozent tätig. Ende Mai lädt Antoniewicz zu einem mehrtägigen Workshop in die Räume der Brennerei Glitz-Ehringhausen ein, zu dem viele bekannte Spitzenköche erwartet werden. Das Event wird online zu verfolgen sein, interessierte Gäste aus Werne seien zu der Veranstaltung auf dem Hof Glitz-Ehringhausen aber willkommen, kündigte Antoniewitz an. Näheres zu dieser Veranstaltung wird WERNEplus in Kürze berichten.

Wernes noch amtierendes Stadtoberhaupt Lothar Christ nahm zum letzten Mal am IHK-Wirtschaftsgespräch teil. Der Bürgermeister wird bei der Kommunalwahl im September nicht mehr antreten, die Bewerber ums Amt, Dr. Thomas Neubourg (CDU), Lars Hübchen (SPD), Benedikt Striepens (Grüne) und Christoph Dammermann (FDP) nutzten am Dienstag die Gelegenheit, um sich in lockeren Gesprächen bei den Wirtschaftsvertretern bekannt zu machen. Lothar Christ gab einen kurzen Überblick über die wirtschaftliche Entwicklung in Werne und nahm auch zu den Tarifabschlüssen im öffentlichen Dienst Stellung. Der Personaletat von 22 Millionen Euro für die 350 Mitarbeiter der Verwaltung wachse um rund 500.000 Euro, berichtete der Bürgermeister. Große Hoffnungen setze er darin, dass von den beschlossenen Infrastrukturmitteln des Bundes die Kommunen profitieren. „Die Kommunen sind für 60 Prozent der Infrastruktur verantwortlich. Aber wir sind chronisch unterfinanziert“, sagte Christ. Daran müsse sich dringend etwas ändern.
Dringenden Handlungsbedarf sieht das scheidende Stadtoberhaupt bei der Schaffung neuer Gewerbeflächen. Der Bürgerentscheid gegen den Standort an der Nordlippestraße habe weh getan, nun müsse man unter Beteiligung der Bürger nach Alternativen suchen. Christ appellierte an die Wirtschaftsvertreter, sich aktiv zu beteiligen.
IHK-Hauptgeschäftsführer Stefan Schreiber lobte die Ausbildungsbereitschaft der Werner Unternehmen: „In Werne gibt es eine Mega Stabilität.“ Trotz eines rückläufigen Trends im IHK-Bezirk seien in Werne im vergangenen Jahr 113 Ausbildungsverträge unterschrieben worden, 2019 seien es 109 gewesen. Nicht nachlassen werde die IHK in ihrem Engagement für den Bau des zweiten Bahngleises zwischen Münster und Dortmund, versicherte Schreiber. Mit dem Planungsauftrag für die 24 Kilometer lang Strecke zwischen Amelsbüren und Werne sei nach vielen Rückschlägen in den vergangenen Jahrzehnten ein wichtiger Schritt getan. Nun gelte es, das Projekt so schnell wie möglich umzusetzen.